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Teil 1


Ist das große Wüstenland für Deutschland sau(di)schlecht oder sau(di)gut?
 

King SalmanSollten Sie rein zufällig diesen Mann nicht zu Ihrem engeren Freundeskreis zählen, dann holen Sie dieses Versäumnis schnellstens nach. 

Er hat nichts mit touristischen Kamelen oder Karawanen zu tun, wenigstens nicht direkt, auch wenn er so aussehen mag. Der Gute ist jedoch als der 7. Saudi-König der Dynastie Saud (der erste war Abd al Aziz al Saud, im Amt 1932-1953) allein schon deswegen von Bedeutung, weil er als absoluter Monarch das Leben der Amerikaner und auch der Europäer deutlich unangenehmer gestalten könnte. 

Als Freund aber macht er oft großzügige Geschenke. So würde er im Falle der Rationierung von Treibstoffen (kommt hochwahrscheinlich eines trüben Tages im Westen alternativlos) seinen Freunden per lässiger Handbewegung Diesel oder Benzin - dem Verbrauch des Freundes von 10 oder 12 Jahren entsprechend - generös zukommen lassen. Mit Gesamtreserven von 264 Milliarden Fass Rohöl (den zweitgrößten der Welt und etwa einem Fünftel aller globalen Reserven) sowie Förderraten von 9 bis 11 Millionen Fass pro Tag, kann er sich das anstandslos leisten. Zur Erinnerung: 1 Fass = 159 Liter. 

In der Krise braucht man jedenfalls wahre Freunde.  

Diesen potentiellen Freund plagen diverse Sorgen. Eine hievon ist seine extrem wachsende Bevölkerung. Gab es 1960 erst 3,5 Mio. Saudis, so wird Anfang 2016 die 30-Mio.-Grenze überschritten, die alle mehr oder weniger am Finanz- und Öltropf hängen. Auch steigen die internen Spannungen zwischen den herrschenden Wahabiten (74 %) und den Schiieten (12 %) sowie Andersgläubigen. Dafür aber gibt es keine politischen Parteien, eine strenge Religionspolizei und noch strengere Strafen: Diebstahl während des Hadsch wir meist mit dem Tode bestraft, ansonsten mit Fuß- oder Handabhacken - sowie Versammlungsverbot. Folter und Kreuzigungen sind Routine.  Ein Musterfall für Feministen: Saudi-Frauen sind nicht geschäftsfähig, doch kein Protest ist zu hören. Öl ist eben dicker als Blut oder Wasser.   Das Land ist eines der letzten 6 absoluten Monarchien der Welt. Die anderen 5: Brunei, Katar, Oman, Swasiland und der Vatikan. Salman unterstehen 22 Ministerien und ein Ministerrat mit 150 Mitgliedern, alles devote Abnicker.  

Für Deutschland wirkt Saudi Arabien derzeit „saudi-gut“, da es wegen Überproduktion zu den sehr niedrigen Ölpreisen beiträgt. Würden die Pipeline-Sperrräder im Uhrzeigersinn gedreht, wandelte sich die Situation rasch zu „saudi-schlecht“ (siehe unten).  

Königlich schlechte Laune 

Seine königliche Hoheit ist im Moment ausgesprochen schlecht gelaunt, weil die lieben Amis, als seine militärischen Verbündeten und Schützer, seit Anfang 2013 ihre Ölbestellungen bei ihm von 1,6 auf 0,6 Millionen Fass pro Tag dramatisch zurückgefahren haben. Zur Beachtung; Der Ölmarkt reagiert schon auf kleine Änderungen im Gefüge von Nachfrage - Angebot höchst sensitiv. Zuhause in „Gottes eigenem Land“ (wie man in USA so schön von Gebilde der 50 Staaten sagt) betreibt man jetzt „fracking“ im großen Stil, und gewinnt damit fast so viel  Öl, wie man früher importierte. Dass Mutter Erde mit Millionen Tonnen hoch toxischer chemischer Substanzen voll gepumpt wird, und  dass der Fracking-Betrieb bisher insgesamt rote Zahlen im dreistelligen Bereich in die Bilanzen der Förderfirmen schrieb, spielt anscheinend keine Rolle. Hauptsache man trifft den in den Medien geradezu verteufelten Putin mit voller Kraft, denn dessen Land hängt zu etwa 70 % vom Ölexport, genauer, vom Ölpreis ab. Aber König Salman und dessen Land trifft es ebenfalls, wenngleich weniger hart. Und eben dies gefällt ihm ganz und gar nicht. 

An Überschüssen von etwa 12 % des Staatshaushaltes, gemessen am BIP, konnte sich Salman sowohl 2011 wie auch 2012 noch erfreuen, während die meisten Länder mit Haushaltsdefiziten, genannt Schuldenwirtschaft, arbeiten. Doch 2013 schrumpfte der Überschuss auf 5 % des BIP zusammen. 2014 gab es dann etwas bisher Unerhörtes; Ein Defizit war entstanden, wenn auch nur in Höhe von 4 %. 2015 werden es schon schockierende 22 % vom BIP sein. Das Land lebt somit weit über seine Verhältnisse und zehrt, erstmalig in seiner Geschichte von den Finanzreserven. Damit wird man sich nicht abfinden. Im Hintergrund grollt man im Königshaus den Verursachern dieser misslichen Zustände. Besuche in Moskau und Peking sind erste Zeichen einer politischen Wende. 

Venezuela jetzt weltweit Nummer Eins

Dass Venezuela mit Reserven von knapp 300 Milliarden Fass (etwa 22 $ der globalen Vorkommen) die Saudis von Platz 1 verdrängte, sieht man in Rhiad sehr gelassen. Dem Laien entgeht nämlich leicht die Tatsache, dass nicht die reinen vorhandenen Mengen, sondern die zum gängigen Preisniveau förderbaren Mengen wirklich zählen. Die Masse von Venezuelas Reserven sind in Ölsänden im Orinoco-Delta gebunden. Um dort wirtschaftlich zu fördern, müsste der Marktpreis anhaltend auf etwa 120 $ pro Fass zu stehen kommen, wovon wir derzeit weit entfernt zu sein scheinen.

Selbst dann wären noch Jahre der Anlaufzeit mit riesigen Investitionen erforderlich, bis das Land an wahrer Bedeutung auch nur in die Nähe der Saudis aufrücken könnte. Abgesehen von sehr bescheidenen Investitionen drehen Letztere einfach nur an ein paar Hähnen, und schon steigt die Produktion wie erforderlich oder gewünscht innerhalb weniger Stunden oder schlimmstenfalls Tage.

Venezuelas Situation ist ähnlich derjenigen, in welcher ein testamentarisch Berechtigter 2 Milliarden $ eines aufgehäuften Megavermögens erbt, unglücklicherweise aber unter der notariell und gerichtlich bindend verfügten strengen Auflage, leider nur 35 € pro Tag abheben und verbrauchen zu dürfen. Kanada, mit den zweitgrößten Ölsandmassen der Welt am Athabasca Fluss in Alberta, findet sich in einer ähnlichen Lage, jedoch mit dem wichtigen praktischen Unterschied, dass der (fiktive) Erbe statt 35 $ immerhin täglich 2500 $ abheben darf.

Ferner liefen

Auf Platz 3 hinter den beiden Schwergewichten rangiert der Iran mit Reserven von etwa 140 Milliarden Fass, gefolgt vom Irak mit 115 Milliarden Fass. Auf Platz 5 wäre Kuwait mit 100 Milliarden und auf Platz 6 die Vereinigten Arabischen Emirate mit 98 Milliarden Fass zu nennen. Von den 7 Emiraten verfügt Abu Dhabi den größten Anteil und Dubai hat fast nichts mehr. Aus diesem Grund konzentriert man sich dortselbst immer mehr auf den Tourismus. Russland folgt mit rund 75 Milliarden Fass auf Platz 7, wobei die Reserven rasch abnehmen, da Moskau in hohem Maße vom Öl- (und Gas-) Export abhängt und somit fortlaufend „voll aufdreht“. Unter den „ferner liefen“ rangieren das von den USA überfallene Libyen mit 45, das extrem rohstoffreiche Kasachstan mit 40 sowie das OPEC-Land Nigeria mit 37 Milliarden Fass an Reserven.

Und wie steht es um die USA? Der Verbrauch dort schwankt seit Jahrzehnten um die 18 Millionen Fass pro Kalendertag herum, wovon etwa zwei Drittel eingeführt werden mussten. Die Ölgeschichte Amerikas ist sehr bewegt. Nach den ersten Jahren der Ölfunde im Wilden Westen, als die Rockefellers den Grundstock für ihr Billionenvermögen legten, und Öl billiger als Wasser kam, stiegen die Fördermengen zwischen 1919 und 1935 um fast 170 %. Bis 1951 erfolgte nochmals eine Verdreifachung der gepumpten Mengen und 1970 war dann das absolute Fördermaximum (meist in Texas) mit insgesamt 535 Millionen Tonnen erreicht, fast 10 Mal so viel wie 1919. Ab da ging es dann 39 Jahre lang stetig abwärts mit dem Tiefststand im Jahre 2008. Daher auch die zahlreichen Kriege und seit 1970 angezettelten Revolutionen und Umstürze, die insbesondere auf den direkten oder indirekten Zugriff auf die Ölvorräte fremder Länder abzielten.

Wunderbares Fracking, wunderbare Verluste

2008 kam dann die Wende. Man begriff, dass Investitionen in die eigenen Reserven letztlich günstiger kämen, als die ewigen Kriege und Abhängigkeiten von anderen Ländern, wie z.B. Saudi Arabien. Seither verfolgt man eine Doppelstrategie: Zum einen bohrt man jetzt dank neuer Technologien nicht nur senkrecht, wie bisher, sondern auch waagerecht oder schräg, also dreidimensional, was die Restmengen alter Felder weitgehend erschließt und den Ausbeutungsgrad neuer Felder stark verbessert.

Zum anderen schlug die Geburtsstunde des berühmt-berüchtigten „fracking“. Dabei werden Wasser (Spülung), Chemikalien (Lösung) und Sand (damit sich Ritzen nicht schließen) in die Erde gepumpt. Was herauskommt ist nicht das „normale“ Erdöl, sondern eine Vorstufe, die noch gereinigt und gebacken werden muss, um konventionelles Material zu gewinnen. Die Technologie ist wegen der Umwelt- und Wasserbelastung heftig umstritten, und in zahlreichen Ländern verboten. Da die USA über sehr viel „mehr Platz“, dünn besiedelte Gebiete und weniger Skrupel sowie schwächliche Grüne verfügen, stieg die Gesamtfördermenge des Landes von 300 auf 500 Millionen Tonnen. Allerdings ist diese Technologie derzeit nicht wirtschaftlich sondern benötigt Ölpreise, je nach Quelle, Geologie und Lage, zwischen 75 und 95 $ pro Fass, um nachhaltig schwarze Zahlen zu schreiben. Derzeit schwanken diese Preise im Bereich zwischen 38 und 45 $. Bleibt dies so, erleidet fracking den langsamen Schrumpftot einer älteren Kuh, die täglich nur 1 Liter Wasser und eine halbe Handvoll Heu erhält. 

Man frackt sich zu Tode

Die bisherigen in diesem Sektor, unter euphorischem Lobesgeschrei der Medien, getätigten Investitionen belaufen sich auf über 120 Milliarden $. Nur sehr wenige Quellen erwirtschafteten kleine Gewinne. Inmitten eines Ozeans roter Zahlen gingen viele Unternehmen pleite. Die Verluste waren und sind hoch und dicke Fragezeichen schweben über den bisher Überlebenden.

Hinzu kommt ein bedenklicher Faktor: Heutige konventionelle Ölfelder erreichen ihr Fördermaximum nach einigen Jahren und sind zumeist nach 10 bis 15 Jahren erschöpft, also nicht mehr rentabel. Fracking-Quellen versiegen zumeist nach 2 Jahren. Einige schon nach 1 Jahr, wenige liefern 3 Jahre lang. Es entstand also eine Industrie, die wie eine Heuschreckenplage über das Land ziehen muss, um woanders neue Nahrung zu finden, und eine vielfach verwüstete Umwelt hinterlässt. Hinzu kommt, dass die alten Pipelines, Speichertanks und andere Infrastrukturen an den von den FrackingNomaden verlassenen Gebieten verrostet liegen bleiben, und ständig neue anderenorts gebaut werden müssen, einschließlich neuer Zugangswege, Unterkünfte und Straßen. Das alles kommt nicht billig und selbst die im Vergleich zu anderen Ländern recht handzahmen Umweltschützer in Onkel Sams Wunderland maulen vernehmlich. Irgendwann bald könnte es in gebrochenem Deutschamerikanisch heißen: „Fracking braucht Abspecking“.

Ölschiefer für 1 000 Jahre, doch: „Es sind die Kosten, Dummkopf“

Wie lange ließe sich Derartiges, also der Fracking-Wahn, in der Praxis noch fortsetzen? Theoretisch und geologisch bedingt wenigstens noch 1 000 Jahre lang, denn die Ölschiefervorräte der USA sind gigantomanisch, fass dieses Wort ausreicht, um die unvorstellbar großen Massen zu beschreiben. Doch Finanzen, niedrige Ölpreise, Umweltbelastungen und schlicht der Rechenstift sowie die rasche Erschöpfung einer gerade erschlossenen Quelle bestimmen das Geschehen, und nicht schiere Mengenangaben.

Der „Erntegrad“ oder die „Erntegüte“ bzw. die „Ausbeute-Effizienz“ von Fracking ist extrem gering, Um 1930 herum bedurfte es durchschnittlich eines Fasses der Fördermenge als Eigenverbrauch, um 100 Fass in die Pipelines zu schicken. Heute muss man im Produktionsprozess konventionellen Rohöls typischerweise ein Fass „opfern“, um 30 Fass zu gewinnen, Im Fracking-Prozess hingegen wird ein Fass verbraucht um gerade mal 4 oder bestenfalls 5 Fass zu „ernten“. Derzeit werden in allen Fracking-Prozessen in den USA leider nur in 1 % aller Fälle schwarze Zahlen geschrieben und die Schuldenberge liegen bereits im dreistelligen Milliardenbereich. Das nimmt kein gutes Ende, Schon 2016 dürften massive Rückgänge in der amerikanischen Ölproduktion einsetzen.

An derartige Schreckensszenarien mit hohen Kosten und Verwüstungen denkt man im mittleren Osten nur mit Schaudern, und vor allem dortige Führer, wie King Salman, reiben sich froh die Hände, dass seine kolossalen unterirdischen Kavernen Tag und Nacht im ruhigen Fluss ihre Inhalte über Jahrzehnte hinweg an die Oberfläche schicken. In Saudi wäre ein Ölpreis von - je nach Quelle - 9 bis 14 $ noch kostendeckend. Im fracking dagegen muss es schon das 8- bis 10-fache sein, um gerade mal kostendeckend, also ohne jeden Gewinn zu arbeiten. Wer gewinnt in derlei Situationen immer? Natürlich Adam Riese und der Bleistift nebst Rechenheft.

Neue Saudi-Arabiens in der Pipeline?

Hinzu kommt, dass immer wieder Meldungen von neuen großen Bohrfunden durch die Presse geistern. Die letzten stammen von Kamerun, Dafur (deswegen dort versteckter Krieg zwischen China und USA), Venezuela, Brasilien und Australien. Im letztgenannten Land (Arckaringa-Becken) wurden 250 Milliarden Fass Öl entdeckt, also den Vorräten von Saudi Arabien entsprechend. Vor Brasilien, Nähe Falkland-Inseln, soll ein Ölfeld liegen, dass sich bis in die Antarktis hinein erstreckt, und ein Mehrfaches der Saudi-Reserven bergen soll.

„Uganda hat so viel Rohöl wie Saudi“ schwärmte eine ranghohe Beamtin des US-Energieministeriums und schon 2009 berichtet The Times: „Neues Ölfeld in Uganda ist das größte in Afrika“. Diese Meldung wurde kürzlich bestätigt und sogar übertroffen. Uganda wird immer öfters in einem Atemzug mit Saudi Arabien genannt. Im Internet folgten sehr kritische Kommentare wie: „Tja Uganda, jetzt kommt die "amerikanische Demokratisierung" auf euch zu, ob ihr wollt oder nicht. Irgendwas werden sie schon erfinden und euch anhängen, um dort intervenieren zu können. Menschenrechte oder Terrorismus ist eine beliebte Ausrede, um auf die Länder-Liste der "Achse des Bösen" zu kommen, um ein Land überfallen und aussaugen zu können, wenn ihr die angloamerikanischen Ölkonzerne nicht freiwillig reinlasst. Am Schicksal von Saddam Hussein und dem Irak wie auch Gadaffi kann man sehen was einem blüht, wenn man den Amis höhnisch den Stinkefinger zeigt.“

Wie immer dem auch sei, inwieweit all diese angeblichen Massen irgendwo auf der Welt wirtschaftlich abbaubar sind, welche Investitionen und Infrastrukturen hierfür erforderlich, und welche Zeithorizonte zu erwarten wären, bleiben vorerst hoch interessante Objekte der Spekulation.

Ölmulti-Geschäftsmodelle bedroht

Spekulation hin oder her - im Moment jedenfalls eröffnen die Ölstaaten eine der letzten großen Runden im Geschäft mit dem schwarzen Gold. Sowohl Umweltpolitiker als auch Investoren könnten eines Tages dem (angeblichen) Klimakiller das Aus bereiten. Bis dahin jedoch beabsichtigen die Multis so viel wie irgend möglich zu verkaufen. Eine Art Schwemme entsteht, doch wird Öl wirklich zur Ramschware und bleibt sein Preis - was gut für Deutschland wäre - nachhaltig unten? Vorläufig stehen die Chancen für bleibenden Verfall der Preise recht gut.

Immerhin wirkte der mächtige Chef des mächtigen Weltkonzerns BP leicht bedrückt, als er vor den TV-Kameras äußerte: „Unsere Branche sieht sehr harten Zeiten entgegen, die Situation erinnert mich an das Jahr 1986“. Man wird sich erinnern, dass in diesem Jahr die Ölpreise, dank der Erschließung der Nordseeölfunde, heftig einbrachen. Sein Kollege, der Chef der ebenfalls wenig sympathieträchtigen Branchenschwester Shell, setzte nicht minder bedrückt nach: „Auch ohne Kristallkugel glaube ich, dass die Ölpreise noch jahrelang recht niedrig bleiben könnten.“ Spielen diese beiden Herren der Öffentlichkeit nur etwas vor, um die Verbraucher in Sicherheit zu wiegen, alternative Energien zu vergessen, um später mit der Preiskeule um so härter zuzuschlagen, zwischenzeitlich aber Mitleid zu erregen, da ein paar Milliarden weniger an Gewinnen eingefahren werden? Beim niedrigsten Ölpreis von fast 7 Jahren erscheint die Mitleidstour jedoch wenig wahrscheinlich und glaubwürdig.

Bedrückung und Jammern der Konzernchefs

Fakt ist, dass der wichtigste Rohstoff der Welt jetzt weniger als die Hälfte des Vorjahrespreises kostet. Das allein ändert die Abläufe der Weltwirtschaft und verschiebt die Gewichte im Spiel der Marktmächte. Und so gut wie alle Marktteilnehmer rechnen insgeheim fest damit, dass eine Trendwende, falls sie überhaupt je käme, erst in vielen Jahren zu erwarten wäre. Laut Weltbank ist sogar 2016 mit einem weiteren Preiseinbruch von etwa 20 % zu rechnen. Das Zeitalter der Dekarbonisierung, also des Abschieds von den Kohlenwasserstoffen, scheint heraufzudämmern. Immer neue Klimagipfel, immer neue Anti-CO2-Initiativen, immer lauteres Geschrei der Grünen und immer neue Umweltauflagen sind nicht so einfach lässig beiseite zu wischen. Die Geschäftsmodelle der Ölmultis sind eindeutig bedroht und können sich die berühmten Ölscheichs als Techno-Scheichs mit gewaltigen High-Tech-Parks, führenden IT-Projekten und atemberaubenden Entwicklungen neu erfinden? Wenn ja, würde dies gewaltige Investitionen erfordern und viele Jahre dauern.

Doch muss man daran zweifeln, dass die mächtigsten Konzerne der Welt, nebst OPEC, einfach so sang- und klanglos im Strom der Zeiten verschwinden. Selbst wenn Öl als Energieträger bedeutungslos würde, werden sich die Ölmultis dank ihrer Finanzmacht, natürlich rasch im Bereich der nachrückenden Energiequellen etablieren, und dort neue Monopole errichten.

Widersprüchliche Aussagen

Eine Anzahl von Fakten und Trends widersprechen sich allerdings. Die Vorräte des Westens erschöpfen sich rasch. So hat England noch 5-6 Jahre bis zum Nullpunkt, Norwegen noch 9 Jahre, Kanada (mit Ölsänden) noch 28 bis 30, Russland noch 25 und die USA (konventionelle Reserven) 10 bis 12 Jahre bis zum Ende.

Auf der anderen Seite verbessern sich die Technologien der Exploration und Förderung wie auch der Nutzung. Beispiele: Fahrzeuge und Brenneinrichtungen mit sparsameren Verbrauchen und besseren Wirkungsgraden.

Das Konsumverhalten der Zukunft ist ebenfalls mit vielen Fragezeichen versehen und kann nur sehr schwer eingeschätzt werden. Grüne Vorschriften, Bevölkerungswachstum, Konsumverhalten, mögliche Rationierungen und verfügbare Haushaltsausgaben, Rezessionen, Booms, Einsatz von Fahrrädern, Mopeds, Rollern, Umweltauflagen, Tiefsee- und Polarförderung, kleinere Fahrzeuge, Einsatz neuer Technologien, wie Wasserstoff-, Druckluft-, Erdgas-, Batterie-, Speicherrotoren-Autos, Erdwärme- und Sonnen-Nutzung sowie Tesla-Technik und andere, stehen alle in den Startlöchern, und warten auf ihre große Stunde. Ob diese nun überhaupt kommt und wenn ja, wann, und in welchem Umfang und Ausmaß sowie zu welchen Kosten - ist ungewiss und bleibt abzuwarten. Die Variablen und Möglichkeiten sind viel zu groß, um eine vernünftige Prognose zu erarbeiten. Außerdem halten die Ölkonzerne angeblich etwa 60 000 Patente, die alternative Energien betreffen, in ihren Tresoren. Wie viele hiervon wirklich bahnbrechend wären, ob und wann sie freigegeben würden, und wie lange die Anlaufzeiten bis zu Wirkungsmaximum dauern mögen, steht in den Sternen.

Teil 2 "Oh großer König Salman, gepriesen seien deine Mega-Ölkavernen" kann hier gelesen werden.

© Prof. Dr. H.-J. Bocker

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